Wir sollen sterben, damit Deutschland leben kann? No way, digga.

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2025: CDU und SPD führen wieder einen – zunächst noch freiwilligen – Wehrdienst ein. Von Bildungspolitik über Klimawandel bis zu bezahlbaren Wohnungen interessiert sich der deutsche Staat nicht für die Bedürfnisse junger Menschen. Trotzdem sollen eben diese jungen Menschen sich nun plötzlich mit der Idee anfreunden, Deutschland mit der Waffe und dem eigenen Leben zu verteidigen. Gänsehaut.

»Ich kenne keine Partei mehr, ich kenne nur noch Deutsche.« (Kaiser Wilhelm II., 1914 vor dem 1. Weltkrieg)

Kriege werden häufig als Auseinandersetzung zwischen Nationen behandelt. Die ganz unterschiedlichen Menschen, die in einem Nationalstaat leben, werden dabei oft als eine einheitliche Nation vorgestellt, die geschlossen und mit einem gemeinsamen Interesse anderen Nationen gegenübersteht. Spätestens wenn es zum Krieg kommt, scheinen unterschiedlicher Besitz, Gewohnheiten und politischen Einstellungen der Bürger:innen kaum mehr eine Rolle zu spielen. Doch sollte z.B. Putin wirklich eines Tages vor den Toren Berlins stehen, säßen wir dann alle als deutsche Schicksalsgemeinschaft im gleichen Kriegs-U-Boot? Wir sagen: No.

Wer genau soll hier eigentlich verteidigen?

Wie du es miterlebst, wenn Bomben fallen, ist immer auch eine Frage von Klassenzugehörigkeit. Ob die milliardenschweren BMW-Erb:innen dann in der Karibiksonne liegen werden, wissen wir nicht – aber sicher werden sie nicht neben dir im Schützengraben liegen. Diejenigen, die Kriege anfangen oder davon profitieren, kämpfen in der Regel genauso wenig selbst wie Campino oder andere Boomer, die in Talkshows eine Wehrpflicht begrüßen. Die Rolle als militärisches Menschenmaterial wird anderen armen Teufeln überlassen.

Für den Staat bist du nur ein NPC in der Todeslotterie

Spätestens die Idee, auszulosen, welche Bürger:innen in einem Kriegsfall an die Front fahren müssen und im schlimmsten Fall nie wieder zurückzukehren, macht deutlich, dass es dem Staat kaum um den Schutz der Einzelnen geht. Auch wenn die Bundeswehr den Wehrdienst gerne als spaßiges Videospiel inszeniert: Echter Krieg ist kein Zocken an der PlayStation. Wenn dich eine Drohne abknallt, kannst du nicht das Level oder gar das Spiel neu starten – im besten Fall bist du für den Rest des Lebens traumatisiert. Im schlechteren Fall verstümmelt oder es heißt gleich ganz Game Over: Dann bist du tot. Und hast auch nichts mehr davon, dass die Bundeswehr dir den Führerschein bezahlt hat.

Kann ich mich nicht zivil einbringen? Kochen oder so?

Auch wenn du nicht gerade eigenhändig versuchst andere Menschen mit einem Sturmgewehr »G36« zu zerfetzen, sondern für die Bundeswehr »nur« logistisch oder im IT-Bereich arbeitest, würden wir in Frage stellen, was das bedeutet, wenn es hart auf hart kommt. Krieg ist kein DIY-Festival, wo du dich einfach für deine Lieblingsschicht eintragen kannst. Und auch hier gilt wieder: Die Eigentümer:innen von LIDL oder Aldi werden wohl kaum mit dir in der Feldküche stehen oder Verwundete versorgen. Zudem trägt es zu einer Militarisierung der Gesellschaft bei, wenn Zivilist:innen sich bei der Bundeswehr einbringen: Militärische Auseinandersetzungen werden so als alltägliche Lösungen für politische und soziale Probleme normalisiert.

Was genau soll hier eigentlich verteidigt werden? Was ist mit Family & Friends?

Krieg funktioniert nicht so, dass du mit einem Gewehr vor deiner WG oder auf dem Grundstück deiner Oma patrouillierst, um sie zu schützen. In der Regel bist du hunderte oder tausende Kilometer von deiner Familie und deinen Freund:innen getrennt. Du »darfst« dann irgendwo die marode Infrastruktur von Deutschland verteidigen, die über Jahrzehnte von Merkel bis Merz kaputtgespart wurde: Unsanierte Schulen, geschlossene Schwimmbäder, einstürzende Brücken. Wenn sich der Staat ernsthaft um die eigenen Bürger:innen sorgen würde: Warum werden dann nicht 100 Milliarden Euro in mehr Kita-Plätze oder bezahlbare Wohnungen gesteckt, statt in Aufrüstung, die bei den Waffenhändler:innen des Vertrauens die Champagnerkorken knallen lässt?

Aber was ist mit Menschenrechten und Minderheitenschutz?

Zunächst mal: Auch in Deutschland waren soziale Sicherungssysteme, Pressefreiheit oder LBTIQ+-Rechte nie Geschenke des Staates. Sie mussten von politischen Bewegungen erst erkämpft und bis heute fortwährend verteidigt werden.

Und wenn Merz Putins Angriffskrieg scharf verurteilt, aber gleichzeitig einem autoritären Herrscher wie Erdoğan freudig die Hand schüttelt, zeigt sich: In letzter Konsequenz geht es auch liberalen Demokratien wie Deutschland außenpolitisch nicht um den Schutz von Menschenrechten oder Minderheiten. In welchem Krieg getötet und gestorben wird, wird nicht mit Blick auf Menschenrechte entschieden – gekämpft wird, wo für Kapital und Nation was zu holen oder zu verlieren ist. Und eine Garantie, dass eine aufgerüstete Bundeswehr in Zukunft nicht selbst einmal wieder angreift (z.B. unter einer AfD-Regierung), gibt es auch nicht.

Also ist uns einfach alles egal?

Natürlich nicht. Wenn wir entscheiden müssten, würden auch wir lieber weiter unterm rassistischen BlackRock-Kanzler Merz leben als etwa unter einer Kreml-Herrschaft: Das eine ist immer noch eine liberale Demokratie, in der Gewaltenteilung, demokratische Rechte und soziale Standards gelten. Das andere ist ein autoritäres Regime, das Oppositionelle ermordet, in ganz Europa faschistische Kräfte wie die AfD unterstützt und einen imperialistischen Angriffskrieg begonnen hat.

Wir lassen uns aber nicht auf die falsche Logik ein, dass daraus folgt, einen Eid auf Volk und »Vaterland« schwören zu müssen – und uns für eine schwarz-rot-goldene Flagge in den Schützengraben zu legen. Solidarisch wären wir in einem Krieg nicht mit Merz, Pistorius oder allen Deutschen, die zufällig den gleichen Pass haben wie wir. Sondern mit den Menschen, die unter dem Krieg leiden, egal welche Staatsangehörigkeit sie haben. Gegen die nationalistische Mobilmachung: Make Nationalismuskritik great again.